Kühlung

„Wenn ich mit einer Entwicklungskonzeption bzw. der Auslegung einer Hochdruckanlage für eine Werkzeugmaschine beginne, stelle ich mir zuerst die Frage, wie ich es schaffe, die Kundenanforderungen so zu erfüllen, dass ich technologisch den geringstmöglichen Wärmeeintrag ins System erzeuge, um, wenn es geht, ein aktives Kühlen zu vermeiden. Denn warum für teures Geld Energie und Wärme zunächst erzeugen, die ich gar nicht brauche, um sie dann wieder für teures Geld herunterzukühlen!“ (Jürgen Müller). 

Kühlmittelanlagen in der Zerspanung gibt es in vielen Ausführungen. Viele Hersteller versuchen ein Baukastensystem mit hoher Kombinierbarkeit von Komponenten zu erreichen, was von der Industrie nicht selten so gefordert wird.

Wenn man die Fragestellung der Kühlung einer KSS-Anlage aber ausgewogen angehen möchte, dann gibt es, wenn man die Dinge richtig tut, nur zwei Wege:

  1. Anlage optimal energieeffizient auslegen, um nicht aktiv kühlen zu müssen

  2. Anlage mit aktiver Kühlung ausgewogen auslegen

Um aktives Kühlen zu vermeiden, kann man von Anbeginn an die Motor-Pumpenleistung so wählen, dass keine Überdimensinierung stattfindet, die dann wieder heruntergekühlt werden muss oder aber man behilft sich mit entsprechenden Steuerungstechnologien, wie zum Beispiel selbstregelnden Pumpen oder aber durch den Einsatz von Frequenzumrichtern. Dadurch ist man in der Lage, Anlagenkonzepte in einem breiteren Spektrum aufzubauen und parallel einer Überdimensionierung vorzubeugen.

Wenn man eine Anlage ohne aktive Kühlung konzipiert und rein unter dem Aspekt der Energievermeidung auslegt, dann kann man zwar in den meisten Fällen einen stabilen Zerspanungsprozess erreichen. Aber man kann die Temperatur weder regeln, noch steuern, sondern eben nur in einem bestimmten Bereich relativ stabil halten.

Wenn von Anbeginn an feststeht, dass eine Werkzeugmaschine mit integrierter Hochdruck- oder Kühlmittelanlage unter ganz bestimmten Temperaturbedingungen laufen muss, so geht das nur über aktives Kühlen.

 

Zentrale Kühllösung

Ein Gebäude ist mit einer zentralen Kühlwassereinrichtung ausgestattet und kann permanent gekühltes Medium für eine Kreislaufkühlung zur Verfügung stellen. Maschinen können dann entweder direkt über einen aufgebauten Plattenwärmetauscher oder über eine aufgebaute Wärmetauscherstation mit integrierter Filtration (z.B. Wärmetauscherstation (WTS) von Müller) an das Kaltwassernetz angeschlossen werden oder aber man verfügt über Peripherieanlagen, wie zum Beispiel eine Kühlmittelanlage mit Feinfiltration, auf welcher man den Plattenwärmetauscher ebenso installieren kann (z.B. CL3/CL4/CL5 von Müller)

Zentrales Kühlen

Vorteile:

  • Die Abwärme des zentralen Kühlsystems kann entweder zum Heizen von Gebäude und Wasser genutzt werden oder wird nach außen geleitet
  • Die Werkhalle wird nicht durch die Abluft aufgeheizt

Nachteile:

  • Bei Ausfall der Zentralanlage kann der komplette Fertigungsprozess gestört werden
  • Hohe Investitionskosten durch entsprechende Ausfallabsicherung

 

Dezentrale Kühllösung

Eine Produktionshalle verfügt über keine zentrale Kühlwasserversorgung und man greift auf sogenannten Einzelplatzkühllösungen zurück, also auf aktives Kühlen einer einzelnen Werkzeugmaschine. Hierzu gibt es, wenn keine Peripherieanlagen mit Feinfiltration vorhanden sind, folgende Möglichkeiten:

  • Wärmetauscherstation + Kühlwasserrückkühler in Kombination an die Werkzeugmaschine angebaut
  • Aktivkühler mit Filterkreislauf an die Werkzeugmaschine angebaut

Bei vorhandenen Peripheriegeräten, wie z.B. Kühlschmierstoffanlage oder Hochdruckanlage besteht die Möglichkeit, in den Filterkreislauf einen Plattenwärmetauscher aufzubauen und diesen dann über einen Kühlwasserrückkühler zu versorgen. Oder aber die Kühlmittelanlage wird direkt mit einer aktiven Kühlung ausgestattet. Dies kann technologisch unterschiedlich gelöst werden z.B. über Eintauchkühler in den Zusatztank (geht auch unfiltriert, da schmutzunempfindlich, was jedoch zur Bildung von Kondenswasser im Zusatztank führen kann) oder aber durch auf die Anlage aufgebaute Aktivkühler mit integriertem Plattenwärmetauscher im Filterkreislauf.

 

Eintauchkühler als Aktivkühler im Schmutztankbereich

Vorteile:

  • Benötigt keine Filtration
  • Wartungsarm

Nachteile:

  • Bildet Kondenswasser im Kühlschmierstoff, was zu Problemen führen kann
  • Benötigt viel Platz

 

Aktivkühler mit integriertem Plattenwärmetauscher für den Reinbereich (Filterkreislauf)

Vorteile:

  • Geringer Platzbedarf
  • Kann leicht nachgerüstet werden
  • Hoher Wirkungsgrad im Verhältnis zum Platzbedarf

Nachteile:

  • Kann nur im Reinbereich arbeiten
  • Benötigt regelmäßigere Wartung im Vergleich zu Eintauchkühlern

 

Dezentrales Kühlen

Vorteile:

  • Hohe Systemverfügbarkeit (keine reine Abhängigkeit von einer zentralen Lösung)

Nachteile:

  • Abwärme der Einzelplatzlösung kaum auffangbar. Abwärme erhöht die Umgebungstemperatur massiv
  • Recht hohe Investition, da viele kleine Einzelplatzlösungen

 

Bei Müller herrscht das Credo vor, zunächst alle Anlagen so zu konzipieren, dass aktives Kühlen vermieden werden kann bzw. immer der geringstmögliche Wärmeeintrag ins System nur geschieht. Aktiv gekühlt wird nur dann, wenn der Kunde eine Temperaturstabilität im Kühlschmierstoff bzw. im Prozess auf der Werkzeugmaschine benötigt. Selbst dann ist noch der Vorteil gegeben, dass durch ausgewogen aufgebaute Technologie, die notwendige Kühlleistung geringer ausfällt. Ganz im Sinne der Energieeffizienz – auch ganz im Sinne der Umwelt.

Es ist nicht zu leugnen, dass es sehr viele Kühlmittel- und Hochdruckanlagen mit Pseudo-Kühlsystemen ausgestattet im Markt zu erwerben gibt. Dabei fallen zwei Konstellationen besonders auf:

  • Auf Anlage installierte Öl-Luft-Kühler
  • Auf Anlage installierte kleine Aktivkühler

Technologisch gesehen funktionieren diese beiden Konfigurationsvarianten, welche wir jedoch komplett ablehnen. Der Wirkungsgrad der Kühlleistung von Öl-Luft-Kühlern (Fall 1) hängt entscheidend von der Umgebungstemperatur ab. Ist der Kühler groß genug definiert und die Umgebungstemperatur niedrig, kann solch ein Luftkühler tatsächlich die Temperatur des gelieferten Kühlschmierstoffs senken. Wann aber ist das der Fall? Je nach Jahreszeit und Beschaffenheit der Werkshalle recht selten. Ist die Werkshalle klimatisiert, kann solch eine Anlage durchaus Sinn machen. Allerdings gilt es dabei nicht zu vergessen, dass die Abluft des Öl-Luft-Kühlers auch sofort wieder die Umgebungstemperatur erhöht.

Installiert man kleine Aktivkühler auf einer Hochdruckanlage (Fall 2), so kühlt man in der Regel den kleinen Reintank der Hochdruck-Kühlmittelanlage, nicht jedoch direkt den Maschinentank, es sei denn, das Gesamtkonzept verfügt über eine Bypass-Kühlung. Hieraus ergeben sich zwei Erkenntnisse:  entweder man kühlt nur den Reintank der Kühlmittelanlage, was dazu führt, dass im Zerspanungsprozess gekühltes Hochdruckmedium an die Werkzeugschneide gelangt und stößt dort dann auf warmes Medium der Überflutungskühlung, die aus dem nicht gekühlten Werkzeugmaschinentank ansaugt wird. Diese Konstellation kann unter Umständen zu großen Prozessproblemen führen.  Eine Temperaturstabilität des Gesamtsystems ist damit auch nicht zu erreichen. Ähnlich verhält es sich bei einer installierten Bypass-Kühlung. Der zu kleine Kühler ist nicht in der Lage das Gesamtsystem bestehend aus Werkzeugmaschinentank und Zusatztank der Kühlmittelanlage auf einer stabilen Temperatur zu halten. Es wird hier zwar gekühlt und durch die Vermischung über den Bypass auch eine Durchmischung erreicht. Es entsteht aber eine Zufallstemperatur, die zu keinem Zeitpunkt gesteuert werden kann.

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